Zum 100. Todestag von Hofrat Joseph Benzino

veröffentlicht in der Tageszeitung DIE RHEINPFALZ, Nr. 211, vom 11.09.1993

Kaufmann, Politiker, Kunstmäzen und Wohltäter
Vor 100 Jahren starb in München Hofrat Joseph Benzino
Als Arbeitgeber die Existenz vieler Familien in Landstuhl gesichert - Gemäldesammlung als Grundstock für heutige Pfalzgalerie gestiftet.
Von unserem Mitarbeiter
Wieland Jung

Vor 100 Jahren, am 12. September 1893, ist in München im Alter von 74 Jahren der Kaufmann, Kunstmäzen und Hofrat Joseph Benzino gestorben. Der am 11. April 1819 im Hause seiner Eltern in Landstuhl, heute Hauptstraße 24, geborene Benzino entstammte einer traditionsreichen Kaufmannsfamilie, deren Vorfahren gegen Ende des 17. Jahrhunderts aus Lenno am Comer See (Norditalien) zunächst nach Kusel auswanderten und sich später auch in Landstuhl (1730) niederließen.
Der junge Benzino, der eine gründliche Kaufmannsausbildung erfuhr, später die Musterschule in Frankfurt besuchte und schließlich während mehrerer Auslandsaufenthalte (Rotterdam, Le Havre, Paris) seine Kenntnisse erweiterte, übernahm im Jahre 1840 das väterliche Großhandelsgeschäft, das nach Hermann Fauth das bedeutendste seiner Zeit in der Pfalz gewesen sei. Ein Jahr darauf erbaute er sich ein eigenes, prächtiges Haus am damaligen Marktplatz (heute Ludwigstraße 12), das im Baustil der oberitalienischen Villenarchitektur (Neo-Renaissance) nachempfunden ist und heute noch als "Schlößchen" bezeichnet wird. Dahinter schloß sich ein großer, parkartig angelegter Garten an sowie ein Garten mit einer Anpflanzung von Edelkastanien-Bäumen, die von der Familie Benzino eingeführt und angepflanzt worden waren. Insgesamt umfaßte das Areal eine Fläche von rund 8000 Quadratmetern.
Wie der Mensch ist, so baut er und findet dafür stets den entsprechenden Baumeister. Von daher kann man auch heute noch aus der Anlage dieses Hauses auf die außergewöhnliche Veranlagung des damals noch sehr jungen Benzinos schließen. Im Jahr 1842 heiratete er die Tochter Mathilde des königlich-bayerischen Bezirksarztes Dr. Ferdinand Muck. Die Ehe sollte kinderlos bleiben.
Über lange Jahre hindurch leitete Benzino das väterliche Geschäft erfolgreich und im großen Stil, was sich auch günstig auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Landstuhls, und weit darüber hinaus, für die damalige Zeit auswirkte. Nach Art und Umfang der gehandelten Waren darf man von einem Großhandels-Universalgeschäft sprechen, sieht man das Warenangebot.
Gehandelt wurde alles, was den Bedürfnissen jener Zeit, vor allem für gewerbe und Landwirtschaft entsprach und dadurch auch Gewinn einbrachte, wozu auch Grundstoffe aus den eigenen Waldungen gewonnen und weiterverarbeitet wurden; Produkte wie Brennholz und Holzkohle, Kollophonium, Terpetin und Pottasche gehörten dazu. Weiter im Angebot waren Leder, Baustoffe, Dünger, Wagenschmiere, Speiseöl, auch Wein und Essig, und nicht zuletzt bestand Bedarf an Pflanzenöl für Beleuchtungszwecke bei der Ludwigsbahn, die 1849 fertiggestellt wurde. Das Öl wurde dazu aus Raps in der zum Besitz der Benzinos gehörenden Ölmühle (Schloßstraße/Bachgraben) geschlagen.
Geschmiedete Artikel aller Art, Nägel, Schrauben, Ketten, Drähte, Schlösser, Werkzeuge und Geräte für die Landwirtschaft und das gewerbe zählten weiter dazu. aus dieser Zeit ist bekannt, daß in Landstuhl einige Schmiede, vor allem Nagel- und Scherenschmiede, in Heimarbeit tätig waren.
Benzino stellte mit seiner Tätigkeit als Kaufmann und Arbeitgeber eine bedeutende soziale Funktion dar, arbeiteten doch in den Benzinoschen Waldungen und Betrieben im Raume Landstuhl zwischen 500 bis 600 Beschäftigte, womit die Existenz vieler Familien gesichert war. Er stellte sich aber auch selbstlos in den Dienst der anderen. Not und Elend der Armen versuchte er zu lindern und oftmals verhinderte er die Zwangsversteigerung von unverschuldet ins Unglück geratenen. Nach dem Bau der Ludwigsbahn und die damit wesentlich verbesserte verkehrsmäßige Infrastruktur der Pfalz fand eine Verlagerung und Konzentration der gewerblichen und industriellen Produktion in die Städte wie Kaiserslautern, Ludwigshafen usw. statt, so daß das Benzinoshe Unternehmen an Bedeutung für den hiesigen Raum verlor. Neben seinem kaufmännischen und sozialen Engagement beanspruchte auch die politik immer mehr seiner Zeit. Zwischen 1863 und 1869 gehörte er als pfälzischer Abgeordneter der national-liberalen Partei dem Bayerischen Landtag an. Wie sehr man Benzinos Wirken für die Öffentlichkeit schätzte, zeigte sich durch seine Berufung ins Zollparlament, dem er bis zum Jhare 1870/71 angehörte.
Seine damit verbundenen Reisen und Aufenthalte in München förderten seine musischen Neigungen. 1864 ließ er sein Haus in Landstuhl nach Süden hin um eine Anbau erweitern. Diese zweigeschossige, unterkellerte Erweiterung des herrschaftlichen Huases mit Flachdach und Oberlichtern sollte die bereits stattliche Gemäldesammlung aufnehmen. An diesem Baukörper zeigen sich früh-klassizistische Stilelemente, die auch in französischen Schloßbauten ihre Vorbilder haben mögen.
Über die Jahre hinweg wuchs die private Gemäldesammlung, hauptsächlich zeitgenössige Maler auf nicht weniger als 149 Gemälde an. Nach dem Tod von Benzinos Frau Mathilde im Jahre 1903 wurde diese Sammlung im damaligen Wert von 150.000 Mark, wie es Benzino testamentarisch verfügte, dem 1875 gegründeten Pfälzischen Gewerbemuseum zur Aufbewahrung und Ausstellung gestiftet, um so den Grundstock für die heutige Pfalzgalerie zu bilden. Damit zusammen erhielt die Gewerbeanstalt 50.000 Mark in bar für den Bau von Galerieräumen.
1878 übersiedelte Joseph Benzino seinen Hausstand nach München, wo er sein Haus in der Theresienstraße (im Zweiten Weltkrieg zerstört) bezog. Nach 1880 wurde er zum Mitgleid der "königlich-bayerischen Central-Gemälde-Galerie-Commission" gewählt. Den Titel "Königlich bayerischer Hofrat" bekam er 1892 verliehen, und es oblag ihm nunmehr die Funktion eines Kunstexperten und Beraters des bayerischen Königs.
Am 12. September 1893 starb Hofrat Joseph Benzino in Münschen, wo er am 15. September 1893 auf dem nördlichen Friedhof mit einem Begräbnis 1. Klasse beigesetzt wurde. Seine Grabstätte ist dort heute noch zu finden. Die Höhe seines Vermächtnisses, mit dem verschiedene soziale und künstlerische Einrichtungen bedacht wurden, erreichte die Summe von 340.000 Mark, nach heutiger Kaufkraft stellt dies einen Wert von über 5 Millionen Mark dar. Hierzu zählten in Landstuhl das Armenhaus des St.-Johannis-Vereins (10.000 Mark), die armen Leute (5.000 Mark) und später nach dem Tod seiner Frau Mathilde die Stadt Landstuhl (30.000 Mark) für Wohltätigkeitszwecke und den Schulfond.
In München konnten sich über Zuwendungen freuen: der Künstler-Unterstützungs-Verin (50.000 Mark), der Frauen-Verein zur Unterstützung von Künstlerwitwen und -waisen (25.000 Mark), der Verein zur freiwilligen Armenpflege (5.000 Mark), die Münchner Künstlergenossenschaft (5.000 Mark), der Knabenhort (5.000 Mark) und die Diakonissenanstalt (5.000 Mark).
Eine gedenktafel an seinem früheren Landstuhler Wohnsitz erinnert noch heute an diesen großartigen Mann, der zeitlebens uind durch seine Vermächtnisse viel Gutes im materiellen als auch im ideellen Sinne, an seinen Mitmenschen getan hat.

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